Humboldt-Universität zu Berlin - Personalrat des Hochschulbereichs

Tarifwechsel

Probleme beim Wechsel des Tarifrahmens: TV-L und BAT (Wird demnächst überarbeitet mit Stand TV-L an der HU!)

Neue tarifliche Bedingungen fast überall: Seit dem Herbst 2005 sind die Arbeitsbedingungen vieler Forschungsinstitutionen, sofern diese überwiegend bundesfinanziert sind, nicht mehr nach dem BAT/BAT-O geregelt, sondern auf die neue Basis des TVöD (Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes) gestellt worden. Ab Herbst 2006 sind dann alle Mitgliedsländer der TdL ( Hessen und Berlin sind nicht mehr Mitglied dieser Tarifgemeinschaft) und damit weitgehend alle staatlichen Hochschulen auf den TV-L (die Länderversion des TVöD) übergegangen.

Mobilität ist im Wissenschaftsbereich ein dominantes Thema: Wechsel der Hochschule oder der Forschungseinrichtung sind bei befristeten Arbeitsverhältnissen Normalität. Und deshalb sollte man sich vor derartigen Wechseln über die Folgen eines Wechsels, vor allem in finanzieller Hinsicht, informieren.

Mit dem neuen Tarifrahmen TVöD und TV-L sind Mobilitätsfragen nun mit vielen Unsicherheiten verbunden. Ausgangspunkt der Tarifneuordnung ist das Prinzip der Kostenneutralität, deshalb sind alle Überlegungen zu Kosten und Einkommen am Modell lebenslangen Arbeitens bei demselben Arbeitgeber orientiert. Damit ist der Wechsel zu anderen Arbeitgebern mit finanziellen Einbußen verbunden: Das betrifft z.B. die Gestaltung der Erfahrungsstufen, die die bekannten Lebensaltersstufen des BAT/BAT-O abgelöst haben: Im vermeintlichen Normalfall wird beim Arbeitgeberwechsel wieder mit Erfahrungsstufe 1 begonnen, also am Anfang der Gehaltsskala.

Im Hochschul- und Forschungsbereich ist Mobilität (wissenschafts-) politisch gewollt und über die Wissenschaftszeitvertragsregelungen gesetzlich gefördert. In den Tarifvertragsverhandlungen ist es für den Bereich des TV-L unter erheblichen Mühen dann gelungen, mobilitätsfeindliche Regelungen abzuschwächen.

Wir wollen einige mit Wechseln von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zusammenhängende Regelungen näher erläutern. Wir nutzen die Regelungen des TV-L, weil die meisten Hochschulen in den Geltungsbereich dieser Länderregelung fallen. Formuliert sind diese wissenschaftsspezifischen Regelungen im § 40 TV-L. Nehmen wir eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, nennen wir sie Frau Beispiel, und lassen sie die Karriereleiter an verschiedenen Orten erklimmen:

Frau Beispiel ist 32/alternativ 27 Jahre alt, verheiratet und hat ein Kind.


Fall A:
Frau Beispiel beginnt ihre Karriere nach Abschluss des Studiums in Bonn an der Uni als wissenschaftliche Mitarbeiterin.
Bezahlung: EG 13, Erfahrungsstufe: 1 (als Neueinsteigerin)
Entgelt: EG 13 2817€
Ehestand und Kinder werden im Entgelt nicht zusätzlich berücksichtigt.

Vergl.: BAT IIa 3315€/2979 €
Verh. mit Kind: 3513€/3177€


Fall A1: unproblematischer Wechsel
Frau Beispiel wechselt nach drei Jahren und Auslaufen des Vertrages von Bonn an die Uni Hannover. Nach drei Jahren hätte sie in Bonn Erfahrungsstufe 3 erreicht und würde in Hannover nicht wie im sonstigen öffentlichen Bereich mit Stufe 1 (neuer Arbeitgeber) starten (§ 16 TV-L), sondern weitermachen mit Stufe 3 (§16 in der Fassung des §40 TV-L):
Entgelt: EG 13: 3300€
fortgesetzt mit: 3300€.
Hier wirkt sich die spezielle Regelung für den Wissenschaftsbereich aus dem § 40 TV-L zugunsten der Wissenschaftlerin aus. Ein Wechsel in einen anderen Bereich, z.B. in den Schuldienst eines anderen Bundeslandes würde zu Erfahrungsstufe 1 und 2817 € Entgelt führen, falls die Berufserfahrung als einschlägig anerkannt wird, dann z.Z. in Erfahrungsstufe 2 mit 3100 €.


Fall A2:
Würde Frau Beispiel nach weiteren 2 Jahren zu einer Hochschule nach Hessen oder Berlin gehen und dort würde der BAT weiterhin Bestand haben, dann müsste die Lebensalterstufe als Neueinsteigerin in den BAT-Bereich so berechnet werden, als ob sie noch keine Tätigkeit im Öffentlichen Dienst gehabt hätte , da eine entsprechende Regelung zur Anerkennung von Erfahrungsstufen nicht existiert.
Hinweis: Hier könnte unter Berufung auf §27C BAT (Vorabgewährung von Lebensaltersstufen) Abhilfe geschaffen werden und das Einkommen noch erhöht werden.
Dafür wären aber im BAT-Bereich familienpolitische Gehaltskomponenten unstrittig.
Entgelt nach 5 Jahren weiterhin Stufe 3: 3300€ (37 Jahre)
In Hessen: IIa 3530€
Verheiratet mit Kind 3738€


Fall A3: problematischer Wechsel
Ginge es in die umgekehrte Richtung - aus einer Berliner Uni an die Uni Bonn - dann wären alle familienpolitischen Komponenten verloren, weil eine Überleitung mit Besitzstandswahrung für diesen Fall nicht vorgesehen ist. Die Zeiten an der Berliner Universität wären bei der Bestimmung der Erfahrungsstufen zu berücksichtigen, soweit sie einschlägig sind.
Hinweis 1:
Offen sind hier die Ausnahmetatbestände bei der Einschlägigkeit, sowie die grundsätzlich noch nicht geklärten Fälle von Erfahrungen in der Forschung als Stipendiat oder in der Lehre als Lehrbeauftragter (ungeklärt, weil Stipendien und Lehraufträge nicht als Beschäftigungsverhältnisse ausgestaltet sind) .
Hinweis 2:
Verhandelbar wäre in Fällen von Gehaltseinbußen die Gewährung höherer Erfahrungsstufen und im Fall der Endstufe eine Erhöhung um bis zu 20 % (gemäß § 16 (5) TV-L).

Frau Beispiel ist 37 und käme nach 5 Jahren Arbeit in Berlin (HU/FU) an die Uni Bonn

In Berlin: 3432/3651€
Verh. mit Kind: 3617/3849€
In Bonn Stufe 3: 3300€
Hier könnte unter Berufung auf § 16 3630€ gezahlt werden.
Wäre der neue Arbeitgeber keine wissenschaftliche Einrichtung, sondern ein Bundesministerium, dann wären 2817 € zu zahlen!

Im Ergebnis ist erkennbar, dass

  • Zum einen bei Wechseln Informationen über die zu erwartende Gehaltshöhe eingeholt werden sollten, um unangenehmen Überraschungen zu entgehen.
  • Eine Ausgangsidee für den neuen Tarifvertrag war der Gedanke, in jüngerem Lebensalter höhere Gehälter zu zahlen und dann später in der Gehaltshöhe mit geringeren Summen zu operieren. Sozusagen eine Förderung der frühen Übernahme von Tätigkeiten im öffentlichen Dienst. Für ledige wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Kinder (Abschluss mit Diplom, Magister, Staatsexamen oder Master) ist dies bis 29 als Einstiegsalter der Fall, in anderen Konstellationen höchstens für unter 27-jährige.
  • Andererseits sind Wechsel aus dem TdL- Bereich in die Welt des BAT nicht so problematisch, d.h. selbst bei abgesenktem Berliner Gehalt kann der BAT finanziell attraktiv sein. Umgekehrt hat der Wechsel aus dem BAT-Bereich zu TdL-Konditionen sehr häufig erhebliche Gehaltseinbußen zur Folge, insbesondere durch den Wegfall familienpolitischer Komponenten.
  • Die meisten Forschungsinstitutionen wie MPG, FhG, WGL nutzen den TVöD. In diesem Tarifvertrag fehlen die wissenschaftsspezifischen Komponenten. Folge ist, dass bei Wechseln des Arbeitgebers (und das sind jeweils die Institute diese Einrichtungen), wie im Bundesbereich üblich, bei jedem Wechsel wieder auf die Erfahrungsstufe 1 zurückgegangen wird. Nur durch übertarifliche Genehmigung kann hier die Erfahrungsstufe höher angesetzt werden.


Tarifliche Grundlagen: §16 TV-L in Verbindung mit §40 TV-L
§ 16 Stufen der Entgelttabelle

(2) 1 Bei der Einstellung werden die Beschäftigten der Stufe 1 zugeordnet, sofern keine einschlägige Berufserfahrung vorliegt. ….
3 Ist die einschlägige Berufserfahrung von mindestens einem Jahr in einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber erworben worden, erfolgt die Einstellung in die Stufe 2, beziehungsweise - bei Einstellung nach dem 31. Januar 2010 und Vorliegen einer einschlägigen Berufserfahrung von mindestens drei Jahren - in Stufe 3.
4 Werden Beschäftigte in den Entgeltgruppen 13 bis 15 eingestellt, gilt ergänzend: Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung an anderen Hochschulen oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen werden grundsätzlich anerkannt.
6 Unabhängig davon kann der Arbeitgeber bei Neueinstellungen zur Deckung des Personalbedarfs Zeiten einer vorherigen beruflichen Tätigkeit ganz oder teilweise für die Stufenzuordnung berücksichtigen, wenn diese Tätigkeit für die vorgesehene Tätigkeit förderlich ist.

Protokollerklärungen zu § 16 Absatz 2:
  1. Einschlägige Berufserfahrung ist eine berufliche Erfahrung in der übertragenen oder einer auf die Aufgabe bezogen entsprechenden Tätigkeit.
  2. Ein Berufspraktikum nach dem Tarifvertrag über die vorläufige Weitergeltung der Regelungen für die Praktikantinnen/Praktikanten gilt grundsätzlich als Erwerb einschlägiger Berufserfahrung.
  3. Ein vorheriges Arbeitsverhältnis im Sinne des Satzes 2 besteht, wenn zwischen dem Ende des vorherigen und dem Beginn des neuen Arbeitsverhältnisses ein Zeitraum von längstens sechs Monaten liegt; bei Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern ab der Entgeltgruppe 13 verlängert sich der Zeitraum auf längstens zwölf Monate.
(3) 1 Die Beschäftigten erreichen die jeweils nächste Stufe - von Stufe 3 an in Abhängigkeit von ihrer Leistung gemäß § 17 Absatz 2 - nach folgenden Zeiten einer ununterbrochenen Tätigkeit innerhalb derselben Entgeltgruppe bei ihrem Arbeitgeber (Stufenlaufzeit):
  • Stufe 2 nach einem Jahr in Stufe 1,
  • Stufe 3 nach zwei Jahren in Stufe 2,
  • Stufe 4 nach drei Jahren in Stufe 3,
  • Stufe 5 nach vier Jahren in Stufe 4 und
  • Stufe 6 nach fünf Jahren in Stufe 5 bei den Entgeltgruppen 2 bis 8.

2 Die Abweichungen von Satz 1 sind im Anhang zu § 16 geregelt.

(5) 1 Zur regionalen Differenzierung Deckung des Personalbedarfs oder zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann Beschäftigten abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. 2Beschäftigte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v. H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten.
3 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 25 v. H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten.
4 Dies gilt jedoch nur, wenn
  • sie aufgrund ihrer fachlichen Qualifikation besondere projektbezogene Anforderungen erfüllen oder
  • eine besondere Personalbindung beziehungsweise Personalgewinnung erreicht werden soll.