Dienstvereinbarung Sucht
Dienstvereinbarung
über den Umgang mit Suchtkranken und Suchtgefährdeten
und über Maßnahmen gegen den Mißbrauch von Suchtmitteln
(DV-Sucht)
vom 4. April 2001 in der geänderten Fassung vom 1. 11. 2004
Die Geschäftsstelle der AG Gesundheitsförderung befindet sich in der Monbijoustr. 2b. Sprechstunden finden nach Vereinbarung statt. Die AG Gesundheitsförderung arbeitet im Rahmen des Stufenplanes auf der Grundlage der Dienstvereinbarung Sucht. Darüber hinaus sind die Mitglieder der AG betriebliche Ansprechpartner für alle auftretenden Suchtprobleme. Eine weitere Aufgabe ist das Thema Gesundheitsförderung an der Humboldt-Universität, d. h. Prävention, rechtzeitiges Erkennen und Frühintervention bei krankheitsbedingten Störungen im Arbeitsbereich, aktive Hilfe und Nachsorge. Die AG Gesundheitsförderung arbeitet im Auftrag des Vizepräsidenten für Haushalt, Personal und Technik und kooperiert u. a. mit dem Referat Arbeits- und Umweltschutz, der Betriebsärztin und der ZE Hochschulsport sowie mit externen Beratungsstellen.
Präambel
Den unterzeichnenden Seiten ist bewusst, dass die Dienstvereinbarung, die sich mit vielschichtigen, psychologischen und sozialen Bedingungen von Beschäftigten befasst, lediglich einen Handlungsrahmen darstellen kann. Vielmehr ist bei ihrer Anwendung ein stets auf den Einzelfall bezogenes Vorgehen geboten.
Ziel der Dienstvereinbarung ist es, Maßnahmen einzuleiten,
- die der Gewährleistung der Arbeitssicherheit dienen,
- um die Suchtgefährdungen durch ein positives betriebliches Umfeld so gering wie möglich zu halten,
- den Suchtkranken und Suchtgefährdeten durch Hilfsangebote Wege aufzuzeigen, die zur Abstinenz führen können.
Zwischen den vereinbarungsschließenden Parteien besteht Konsens, dass bei Fortführung suchtbedingten Fehlverhaltens trotz gegebener Hilfsangebote letztlich eine Kündigung erfolgen kann.
Die Dienstvereinbarung über Personaldatenverarbeitung gilt auch für die Dienstvereinbarung Sucht.
§ 1
Die folgende Vereinbarung gilt für die Beschäftigten der Humboldt-Universität, ausgenommen die Medizinische Fakultät Charité; für Beamtinnen und Beamte, soweit nicht beamtenrechtliche Regelungen dem entgegen stehen. Sie ist auf Gefahren und Erkrankungen durch alle Suchtmittel anzuwenden. Dargestellt wird die Suchtgefahr am Beispiel der Alkoholsucht, für die ein konkreter Handlungsrahmen in Form eines Stufenplanes vereinbart wird. Für Gefahren und Erkrankungen durch andere Suchtmittel soll der Stufenplan, soweit dies im Einzelfall möglich und geboten erscheint, sinngemäß angewandt werden.
§ 2
(1) Die Humboldt-Universität nimmt als Dienstherr ihre Verantwortung dahingehend war, dass die Beschäftigten und insbesondere die Vorgesetzten auf allen Ebenen über das Problem der Suchtgefahren und Suchtkrankheiten umfassend und entsprechend dem medizinischen Stand aufgeklärt werden. Dabei ist die Erkenntnis zu vermitteln, dass Alkoholsucht eine anerkannte Krankheit ist. In Sonderheit ist auf das Problem des sogenannten Co-Alkoholikerverhaltens einzugehen.
(2) Die Vorgesetzten sollen mit dem Ziel geschult werden, rechtzeitig Suchtgefahren und Suchtverhalten zu erkennen, präventiv zu wirken und Kenntnisse der Gesprächsführung zu erwerben, die es den Suchtkranken und -gefährdeten erleichtern, Hilfsangebote in Anspruch zu nehmen. Die Humboldt-Universität wird bei Bedarf Fortbildungsveranstaltungen im Rahmen der beruflichen Weiterbildung anbieten.
§ 3
(1) Die Humboldt-Universität bietet betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedene Beratungsmöglichkeiten an. Die Beratenden sind verpflichtet, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen einzuhalten. Als Ansprechpartner innerhalb der Humboldt-Universität dienen insbesondere die Mitglieder der AG Gesundheitsförderung, die Personalabteilung, der Personalrat, der/die Beauftragte für Gesundheitsförderung sowie das arbeitsmedizinische Zentrum der Charité. Der Personalrat, die Personalabteilung und das arbeitsmedizinische Zentrum werden ihre Ansprechpartner namentlich bekannt machen. Die Schulung der Ansprechpartner wird durch die Universitätsleitung gewährleistet.
(2) Die Humboldt-Universität wird mit der Landesstelle Berlin gegen die Suchtgefahren e.V. und anderen Beratungsstellen des Landes Berlin Kontakt aufnehmen und deren Adressen zugänglich machen.
(3) Die Humboldt-Universität wird mögliche Hilfsangebote publizieren (mindestens einmal im Jahr).
(4) Die Humboldt-Universität erwartet von den Betroffenen eine Eigenaktivität bei der Inanspruchnahme von Hilfsangeboten und wird dies bei der Beurteilung von Arbeits-/Dienstpflichtverletzungen berücksichtigen.
(5) Die intern Beratenden klären den Suchtkranken/-gefährdeten auch über die arbeits-/dienstrechtlichen Folgen bei Fortführung suchtbedingten Fehlverhaltens auf.
§ 4
(1) Die Humboldt-Universität fördert die Arbeit der AG Gesundheitsförderung als internen Beraterkreis für Suchtgefahren.
(2) Die AG Gesundheitsförderung setzt sich aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Universität zusammen. Die Mitglieder der AG Gesundheitsförderung werden von der Universitätsleitung bestätigt. Ihre Tätigkeit ist ehrenamtlich, zählt aber als dienstliche Aufgabe.
(3) Die AG Gesundheitsförderung ist in ihrer Arbeit unabhängig und nicht weisungsgebunden. Die Mitglieder müssen die Schweigepflicht einhalten und unterliegen den datenschutzrechtlichen Bestimmungen.
§ 5
(1) Dem/der jeweiligen Vorgesetzten obliegt die Pflicht, bei Erkennen einer dienstlichen Beeinträchtigung, in Sonderheit bei Feststellung einer Arbeits-/Dienstpflichtverletzung (im Folgenden beides "Pflichtverletzung" genannt) die möglicherweise im Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol stehen, aus eben diesem Grunde, Maßnahmen auf der Grundlage des Stufenplanes einzuleiten.
(2) Über die Gespräche in den einzelnen Stufen wird ein Gesprächsprotokoll angefertigt. Das Protokoll darf, wenn weitere Gespräche gemäß Stufenplan nötig sind, in den nächsten Gesprächen verwendet werden. Das/die Protokoll/e wird/werden in der Stufe A bei dem/der Vorgesetzten, in der Stufe B bei der AG Gesundheitsförderung aufbewahrt. In den Stufen C bis E wird/werden das/die Gesprächsprotokoll/e Bestandteil der Sachakte in der Personalabteilung. Der/die Betroffene erhält eine Kopie des Protokolls. Nach fünf Jahren wird/werden das/die beim dem/der Vorgesetzten bzw. bei der AG Gesundheitsförderung aufbewahrte/n Gesprächsprotokoll/e vernichtet, wenn keine weiteren Pflichtverletzungen eingetreten sind.
(3) Der/die Betroffene hat die Möglichkeit, zu jedem Gespräch eine Person seines/ihres Vertrauens hinzuzuziehen.
Stufe A bei auftretender Pflichtverletzung
Vertrauliches Gespräch zwischen einem/einer Vorgesetzten und dem/der Betroffenen, insbesondere mit folgendem Inhalt:
- Benennung der Pflichtverletzung
- Hinweis auf den Konsum von Alkohol
- Hinweis auf den möglichen ursächlichen Zusammenhang von Pflichtverletzung
und dem Konsum von Alkohol
- Hinweis auf eventuelle Konsequenzen und Leistungskontrollen
- Hinweis auf konkrete Beratungsmöglichkeiten und Hilfsangebote (z.B. AG Gesundheitsförderung)
Stufe B bei erneuter Pflichtverletzung
Vertrauliches Gespräch zwischen einem/einer Vorgesetzten und dem/der Betroffenen unter Hinzuziehung eines/einer Beauftragten der AG Gesundheitsförderung. Dieses Gespräch soll unverzüglich nach Feststellung der erneuten Pflichtverletzung stattfinden.
Das Gespräch beinhaltet insbesondere:
- Benennung der Pflichtverletzung
- Hinweis auf den Konsum von Alkohol
- Hinweis auf den möglichen ursächlichen Zusammenhang von Pflichtverletzung und
dem Konsum von Alkohol
- Hinweis auf vorangegangenes Gespräch
- Hinweis auf eventuelle Konsequenzen und Leistungskontrollen
- Wiederholung der im ersten Gespräch genannten Hilfsangebote
- Belehrung über mögliche gesundheitliche Folgen durch den Konsum von Alkohol
- Anwendung arbeits-/dienstrechtlicher Maßnahmen (z.B. Wegfall der Vergütung bei erforderlicher Nichtbeschäftigung, Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes, Abmahnung)
Stufe C bei erneuter/wiederholter Pflichtverletzung
Gespräch zwischen einem/einer Vorgesetzten, dem/der Betroffenen, eines/r Beauftragten der AG Gesundheitsförderung, der Personalabteilung und des Personalrates, ggf. der Frauenbeauftragten, der Schwerbehindertenvertretung.
Das Gespräch soll unverzüglich nach Feststellung der erneuten/wiederholten Pflichtverletzung stattfinden, ein/eine Vertreter/in des arbeitsmedizinischen Zentrums kann hinzugezogen werden.
Gegenstand des Gespräches ist insbesondere:
- Benennung der Pflichtverletzung
- Hinweis auf den Konsum von Alkohol
- Hinweis auf den möglichen ursächlichen Zusammenhang von Pflichtverletzung und
dem Konsum von Alkohol
- Hinweis auf vorangegangene Gespräche
- Belehrung über mögliche gesundheitliche Folgen durch den Konsum von Alkohol
- Anwendung arbeits-/dienstrechtlicher Maßnahmen (z.B. Wegfall der Vergütung bei
erforderlicher Nichtbeschäftigung, Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes,
Abmahnung)
- gemeinsame Festlegung über die freiwillige Teilnahme des Betroffenen an einer
Therapie und Nutzung anderer Hilfsangebote sowie das Treffen von Festlegungen hinsichtlich der Teilnahmekontrolle (unter Angabe der Person, die die Kontrolle überwacht)
- Information über die Folgen der Nichteinhaltung der Vereinbarung
Bei Ablehnung des Abschlusses einer Vereinbarung, ergehen bei erneuten Pflicht- verletzungen arbeits-/dienstrechtliche Maßnahmen, ohne dass die Stufen D - E anzuwenden sind.
Stufe D bei erneuter/fortgesetzter Pflichtverletzung und Nichteinhaltung oder Erfolglosigkeit der in Stufe C getroffenen Vereinbarung
Gespräch zwischen einem/einer Vorgesetzten, dem/der Betroffenen, eines/einer Beauftragten der AG Gesundheitsförderung, der Personalabteilung, des Personalrats, eines/einer Vertreter/in des arbeitsmedizinischen Zentrums, ggf. der Frauenbeauftragten, der Schwerbehindertenvertretung.
Das Gespräch soll unverzüglich nach Feststellung der erneuten/fortgesetzten Pflichtverletzung stattfinden. Inhalt des Gespräches soll insbesondere sein:
- Benennung der Pflichtverletzung
- Hinweis auf den Konsum von Alkohol
- Hinweis auf den möglichen ursächlichen Zusammenhang von Pflichtverletzung und dem Konsum von Alkohol
- Hinweis auf vorangegangene Gespräche und die getroffene Vereinbarung
- Abmahnung aufgrund der Pflichtverletzung unter Androhung der Kündigung
- Aufrechterhalten der Hilfsangebote
Stufe E
Bei erneuter/weiterer Pflichtverletzung erfolgt eine (fristlose) Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses seitens des Arbeitgebers.
§ 6
(1) Im Falle eines Rückfalls des/der Betroffenen und bei Auftreten einer erneuten Pflichtverletzung in einem Zeitraum von zwei Jahren, wird das weitere Verfahren in der jeweils erreichten oder nächstfolgenden Stufe des Stufenplanes weitergeführt. Im Falle eines Rückfalls nach zwei Jahren erfolgt eine Einordnung in die Stufe B des Stufenplanes.
(2) Sofern bereits ein Verfahren wegen Pflichtverletzung läuft und erst zu einem späteren Zeitpunkt die Sucht bekannt wird, wird ebenfalls nicht mit der Stufe A begonnen. Die zur Anwendung zu bringende Einstiegsstufe wird zwischen Personalabteilung und Personalrat festgelegt.
(3) Eine Wiedereinstellung bei anhaltender Abstinenz ist bei Erfüllung sonstiger Voraussetzungen (wie der Würdigung der haushaltsrechtlichen Situation und der persönlichen Eignung des Bewerbers) möglich. Eine Benachteiligung wegen der vorhergegangenen Krankengeschichte erfolgt nicht.
(4) Die Hilfsangebote für Suchtgefährdete werden von der Humboldt-Universität auch im Falle der Nachsorge nach Erreichen der Suchtabstinenz aufrecht erhalten.
§ 7
(1) Sollten Teile dieser Dienstvereinbarung für unwirksam erklärt werden, wird die Wirksamkeit der übrigen Teile hiervon nicht berührt.
(2) Die Parteien verpflichten sich, anstelle der unwirksamen Regelung eine dem gewollten Ziel möglichst nahekommende Regelung zu treffen.
§ 8
(1) Die Dienstvereinbarung tritt mit dem Tag der Unterzeichnung an die Stelle der Dienstvereinbarung vom 23.04.1994.
(2) Die Dienstvereinbarung gilt unbefristet. Sie kann frühestens nach 3 Jahren mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden.
Berlin, den 04. April 2001
Unterschriften:
Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin
Vorsitzender des Personalrats des Hochschulbereich