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Anwesenheitskontrolle

Text aus dem ABC der Widrigkeiten.

 

Als Anwesenheitskontrolle, nicht zu verwechseln mit der Anwesenheitspflicht, werden Instrumente bezeichnet, mit denen die Anwesenheitspflicht kontrolliert werden kann. Das Wichtigste vorneweg: Es gibt keine gesetzliche Regelung, welche die Universitäten bzw. Hochschulen dazu verpflichtet, die Anwesenheit zu kontrollieren. Auch die in diesem Zusammenhang oft zitierte Bologna-Vereinbarung verlangt mit keinem Wort derartige Praktiken. Folglich muss die Vergabe von ECTS- bzw. Leistungspunkten rechtlich gesehen auch nicht an eine Anwesenheitskontrolle geknüpft werden, auch wenn von Kontrollierenden gerne derartiges behauptet wird.

An der HU war es 2006 vielmehr der ausdrücklicher Wunsch der mehrheitlich mit Professor_innen besetzten Gremien, dass eine rechtliche Grundlage für Anwesenheitskontrollen an der HU eingeführt wird. Mit Beginn des Wintersemesters 2010/2011 wurden die Anwesenheitskontrollen, vor allem dank der vielen Studierenden, die während der Sitzung des Akademischen Senats protestierten, an der HU wieder abgeschafft. Das bedeutet, dass auch keine Anwesenheitsersatzleistungen wie Klausuren u.ä. durchgeführt werden dürfen, wenn sie nicht in den Modulbeschreibungen als Studien- oder Prüfungsleistung deklariert sind und mit den zu vergebenden Studienpunkten übereinstimmen.

Jedoch achtet das Präsidium der HU nicht darauf, dass diese Regelung eingehalten wird. So konnte der Fachbereich Geschichte - trotz mehrfacher Beschwerden von Studierenden – bis 2012 in den Vorlesungen sog. »Anwesenheitsklausuren« schreiben, um die Anwesenheit zu überprüfen. Mittlerweile hat das Institut seine Modulbeschreibungen mit Zustimmung eines Fachschaftsvertreters der Geschichte dahingehend geändert, dass jetzt eine Hausarbeit und zusätzlich eine Klausur geschrieben werden müssen. [Als Geschichtsstudierender bedankt sich der Verfasser dieses Textes ganz besonders dafür!], natürlich ohne dass es mehr Studienpunkte für das Modul gibt. Kurz zuvor hatte selbst die konservative Hochschulrektorenkonferenz (sic!) wieder einmal darauf hingewiesen, dass Belastungen der Studierenden durch Mehrfachprüfungen zu vermeiden seien.

Grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass Anwesenheitskontrollen dem Datenschutz widersprechen. Niemanden geht es etwas an, ob und bei welcher Sitzung Ihr da gewesen seid. Wir sind der Meinung, dass ein Bestehen der Modulabschlussprüfung (MAP) der beste Indikator für eine erfolgreiche Teilnahme an der Lehrveranstaltung ist. Denn wenn die MAP bestanden wurde, muss die Lehrveranstaltung wohl ausreichend genug besucht worden sein, um den Stoff verinnerlicht zu haben. Ob an Eurer Hochschule eine Regelung zur Anwesenheitskontrolle existiert, erfahrt Ihr bei Eurem AStA.

Nicht zuletzt sind Anwesenheitskontrollen sozial selektiv. Gelingt es aus z.B. erwerbstechnischen Gründen nicht, die vollen 75% der Sitzungen zu besuchen, ist das Modul gestorben und das Studium verlängert sich in der Regel automatisch, was weitere Repressionen nach sich ziehen kann. Siehe Zwangsberatung, BAföG

Mit der Neuregulierung in der Fächerübergreifenden Satzung zur Regelung von Zulassung, Studium und Prüfung (ZSP-HU) bleiben Anwesenheitskontrollen zwar grundsätzlich verboten, jedoch gibt es für Kontrollfetischist_innen eine Hintertür. In den zu überarbeitenden Studienordnungen können Anwesenheitskontrollen wieder hineingeschrieben werden. An der FU hat ein ähnliches Hintertürchen dafür gesorgt, dass fast überall wieder Anwesenheitskontrollen stattfinden. Haltet also die Augen offen und lasst eine Kodifizierung durch Euren Fachbereich in Eurer Studien- und Prüfungsordnung nicht zu.

 


Quelle: § 93 ZSP-HU