Dienstvereinbarung über die audiovisuell-elektronische Beobachtung
Dienstvereinbarung
über die audiovisuell-elektronische Beobachtung
an der Humboldt-Universität zu Berlin
zwischen
dem Gesamtpersonalrat
und
der Humboldt-Universität zu Berlin
§ 1 Grundsätze
§ 2 Audiovisuell-elektronische Einrichtungen für Beobachtungen
§ 3 Antrag auf Betrieb der audiovisuell-elektronischen Beobachtungsanlage
§ 4 Auswertung der Aufzeichnungen, Sperrung und Löschung
§ 5 Liste der in Betrieb befindlichen elektronischen Einrichtungen für Beobachtungen
§ 6 Sonderregelungen für Webcams
§ 7 Sonderregelungen für den Einsatz in der multimedialen Lehre und Forschung
§ 8 Rechtsfolgen bei Verstößen
Zum Schutz der Beschäftigten der Humboldt-Universität zu Berlin (hauptberufliches Personal und studentische Beschäftigte gem. § 121 BerlHG) und zur Sicherung des Eigentums und Besitzes der Humboldt-Universität zu Berlin sehen die Universitätsleitung und die Personalvertretungen der Humboldt-Universität zu Berlin Regelungsbedarf bei der elektronischen Beobachtung und Sicherung von Räumlichkeiten und Plätzen, die in den Verantwortungsbereich der Humboldt-Universität zu Berlin fallen. In dieser Dienstvereinbarung soll der Einsatz aller Anlagen, die zu einer solchen Beobachtung geeignet sind, geregelt werden. Dabei sind stets die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Erforderlichkeit gemäß § 31 b Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) zu beachten.
(1) Die audiovisuell-elektronische Beobachtung sowie die Errichtung und der Betrieb der dafür notwendigen Anlagen erfolgt unter Beachtung des Grundsatzes der Datenvermeidung und Datenminimierung gemäß § 5 a BlnDSG.
(2) Um das Sicherheitsbedürfnis sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Beschäftigten der Humboldt-Universität zu Berlin nicht durch die Schutzmaßnahmen zu gefährden, ist der Zugang zu den mit Hilfe der elektronischen Beobachtungsanlagen gewonnenen Daten gemäß § 5 Abs. 1 Ziffer 1 BlnDSG zu minimieren.
(3) Vor Inbetriebnahme einer elektronischen Beobachtungsanlage ist vom Betreiber ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Die Inhalte des Sicherheitskonzeptes sind in §§ 3 und 4 der Dienstvereinbarung audiovisuell-elektronische Beobachtung dargelegt.
(4) Die mit Hilfe der elektronischen Beobachtung gewonnenen Erkenntnisse dürfen nicht zur arbeitsrechtlichen Leistungskontrolle herangezogen werden.
§ 2 Audiovisuell-elektronische Einrichtungen für Beobachtungen
(1) Audiovisuell-elektronische Einrichtungen für Beobachtungen sind alle Geräte, die geeignet sind, Bild und/oder Ton zu übertragen bzw. aufzuzeichnen.
(2) Regelfall ist die Videobeobachtungsanlage mit Aufzeichnungsmöglichkeit, wobei die Aufzeichnungen nur bei Zwischenfällen nach den Regeln dieser Dienstvereinbarung ausgewertet werden.
(3) Ferner ist das so genannte verlängerte Auge möglich (Videobeobachtung ohne Aufzeichnung mit in der Regel permanenter Beobachtung durch eine Person an einem Monitor).
(4) Elektronisch überwachte Bereiche werden deutlich gekennzeichnet (Anlage 1).
(5) Anlagen, die für Videokonferenzen und Teleteaching bestimmt sind, dürfen nur für diese Zwecke eingesetzt werden. Der Einsatz zu Überwachungszwecken ist unzulässig.
(6) Bereiche mit Videokonferenz- oder Teleteachingausrüstung werden entsprechend gekennzeichnet (Anlage 2).
§ 3 Antrag auf Betrieb der audiovisuell-elektronischen Beobachtungsanlage
(1) Der Betrieb einer elektronischen Beobachtungsanlage wird durch die jeweilige Struktureinheit (Fakultät, Institut, Abteilung, Zentraleinrichtung) bei dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten der Universität unter rechtzeitiger Einreichung des Sicherheitskonzeptes und der Darlegung der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit beantragt (Mustersicherheitskonzept Anlage 3). Dasselbe gilt für beabsichtigte Änderungen an in Betrieb befindlichen Anlagen. Die Einreichung ist rechtzeitig, wenn die Unterlagen spätestens drei Monate vor der beabsichtigten Einführung oder Änderung eingehen. In zwingenden Fällen kann eine kürzere Vorlaufphase in Übereinstimmung mit dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten vereinbart werden.
(2) Das Sicherheitskonzept muss den Betreiber, den Ort der elektronischen Beobachtung, den Standort des Aufzeichnungsgerätes, die Betreibungszeiträume, die Art der Aufzeichnung, die Aufbewahrungsart sowie deren Ort, die Zugangsregelungen zum Aufzeichnungsgerät sowie zum aufgezeichneten Bild/Ton und die Zugangsschutzmechanismen bezeichnen.
(3) Zugang zum Aufzeichnungsgerät dürfen nur der vom Betreiber benannte Verantwortliche und sein Stellvertreter sowie der/die Behördliche Datenschutzbeauftragte haben. Der Verantwortliche und sein Stellvertreter dürfen keine Fachvorgesetzten sein.
(4) Die Genehmigung kann zur Sicherung der Güterabwägung sowie der Prüfung von Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit ggf. mit Auflagen von dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten erteilt werden.
(5) Der Antrag ist zeitgleich über den Präsidenten an den Gesamtpersonalrat zu richten. Aufgrund des gesetzlich geforderten genehmigungspflichtigen Sicherheitskonzeptes ist ein isoliertes Mitbestimmungsverfahren nicht möglich. Sobald das bestätigte Sicherheitskonzept vorliegt, ist das Mitbestimmungsverfahren eröffnet.
§ 4 Auswertung der Aufzeichnungen, Sperrung und Löschung
(1) Die Auswertung der Aufzeichnungen erfolgt bei erheblichen Zwischenfällen. Erhebliche Zwischenfälle sind erhebliche Störungen oder Gefährdungen von Personen, die sich im Schutzbereich der Humboldt-Universität zu Berlin befinden, oder ein erheblicher materieller Schaden für die Universität. Hierunter fallen auch Schadensersatzforderungen gegenüber der Universität.
(2) Die Auswertung erfolgt im so genannten Vier-Augen-Prinzip durch den Behördlichen Datenschutzbeauftragten/die Behördliche Datenschutzbeauftragte und den vom Betreiber der Einrichtung benannten Verantwortlichen oder seinen Stellvertreter.
(3) Die Auswertung ist vom Betreiber zu dokumentieren, von den Beteiligten zu unterschreiben und bei dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten aufzubewahren. Zwei Jahre nach Abschluss des Verfahrens sind diese Aufzeichnungen zu vernichten.
(4) Aufzeichnungen sind mit ihrer Entstehung zu sperren, so dass sie schon bei der Aufzeichnung nicht offen lesbar sind.
(5) Die Aufzeichnungen sind mit Ausnahme der für die Auswertung bei Zwischenfällen erforderlichen Aufzeichnungen nach Abs. 3 spätestens sieben Tage nach ihrem Entstehen zu löschen.
§ 5 Liste der in Betrieb befindlichen elektronischen Einrichtungen für Beobachtungen
Der/die Behördliche Datenschutzbeauftragte führt eine Liste der audiovisuell-elektronischen Einrichtungen für Beobachtungen.* Dem Gesamtpersonalrat wird mindestens einmal jährlich ein vollständiges Verzeichnis dieser Einrichtungen vorgelegt, ihm werden mindestens einmal im Quartal sowie auf Anfrage sämtliche Änderungen der Einrichtungen in ausführlicher Form mitgeteilt. Die Vorlage der Unterlagen erfolgt durch den Behördlichen Datenschutzbeauftragten/die Behördliche Datenschutzbeauftragte als verzeichnisführende Stelle.
Die vollständige Liste wird gemäß § 19 BlnDSG veröffentlicht.
§ 6 Sonderregelungen für Webcams
Webcams als optisch-elektronische Geräte, die dauerhaft oder in regelmäßigen Abständen Bilder/Töne übertragen, sind nur für die Internetkommunikation zugelassen. Sie dürfen nicht zur Beobachtung mit Aufzeichnung oder am Monitor eingesetzt werden. Bereiche/Räume mit Webcams sind deutlich von außen im Eingangsbereich zu markieren (Anlage 4).
§ 7 Sonderregelungen für den Einsatz in der multimedialen Lehre und Forschung
Die Regelungen dieser Dienstvereinbarung gelten nicht für Teleteaching, Videokonferenzen und E-Learning, soweit die zeitlich begrenzten oder bestimmbaren Veranstaltungen als solche gekennzeichnet werden, die dadurch gewonnenen Daten nur zweckgebunden verarbeitet werden und die Daten mit einer Sperr- und Löschfrist versehen werden. An Stelle der Sperr- und Löschfrist kann die Archivierungsfrist treten. Mit Genehmigung des/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten und Zustimmung der an der Aufzeichnung beteiligten Personen kann eine dauerhafte Archivierung von Videokonferenzen, Lehre im Netz o.ä. zur Dokumentation und wissenschaftlichen Auswertung zugelassen werden.
§ 8 Rechtsfolgen bei Verstößen
Bei Verstößen gegen diese Dienstvereinbarung prüfen die Dienststelle und der/die Behördliche Datenschutzbeauftragte im Rahmen ihrer Möglichkeiten dienstrechtliche, strafrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen. Unmittelbar nach der Feststellung eines Verstoßes werden der Gesamtpersonalrat und die zuständige örtliche Personalvertretung mit konkreter Bezeichnung der Art des Verstoßesinformiert. Die in der konkreten Personaleinzelangelegenheit zuständige Personalvertretung wird über die beabsichtigten bzw. getroffenen Maßnahmen unmittelbar und zeitnah informiert.
Alle Regelungen für bereits betriebene Anlagen sind auf der Grundlage der Dienstvereinbarung audiovisuell-elektronische Beobachtung zu überprüfen. Hierbei sind die sich aus der Dienstvereinbarung ergebenden Neuregelungen technisch und organisatorisch zu berücksichtigen. Innerhalb von sechs Monaten nach Unterzeichnung sind die getroffenen Regelungen in der nachgebesserten Form bei dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten anzuzeigen.
§ 10 Salvatorische Klausel/In-Kraft-Treten
(1) Sollten Teile der Dienstvereinbarung für unwirksam erklärt werden, wird die Wirksamkeit der übrigen Teile nicht berührt. Die Humboldt-Universität und der Gesamtpersonalrat verpflichten sich, anstelle der unwirksamen Regelung in vertrauensvoller Zusammenarbeit eine dem gewollten Ziel möglichst nahe kommende Regelung zu treffen.
(2) Bei Bedarf ist die Dienstvereinbarung an veränderte rechtliche oder tarifvertragliche Vorschriften anzupassen. Einvernehmliche Regelungen sind jederzeit möglich.
(3) Diese Dienstvereinbarung wird für zwei Jahre abgeschlossen. Sie tritt am Tage nach der Unterzeichnung durch die Parteien oder Letztunterzeichnung in Kraft. Sofern der Verlängerung nicht spätestens drei Monate vor Ablauf der Frist von einer der Vertragsparteien widersprochen wird, verlängert sie sich jeweils um ein weiteres Jahr. Nach Kündigung wirkt diese Dienstvereinbarung bis zum Abschluss einer neuen Dienstvereinbarung gleichen Inhalts fort.
Berlin, den 30.01.2008 Berlin, den 15.02.2008
Präsident der Humboldt-Universität zu Berlin Vorsitzender des Gesamtpersonalrats
gez. Prof. Dr. Christoph Markschies gez. Dr. Wolfgang Mix
* Attrappen sind gegenüber dem/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten anzuzeigen. Die Kennzeichnung erfolgt nach Anlage 1.
Kennzeichnung für Bereiche mit Videokonferenz- oder Teleteachingausrüstung
1. Tonaufzeichnungen werden (wie gehabt) nur auf schriftlichen Auftrag der veranstaltenden Stelle gefertigt.
2. Die/der Beauftragende hat durch schriftlichen Hinweis auf dem Podium auf die Tonaufzeichnung aufmerksam zu machen.
3. Schilder werden von dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit und von der Technischen Abteilung bereitgehalten und sind über das Internet als Papierform abrufbar.
4. Ist aus der Aufnahme die Aufklärung über die Tatsache der Tonaufnahme nicht ersichtlich, bzw. ist durch einen anderen Hinweis der Verdacht gegeben, dass die alternativ mögliche visuelle Aufklärung unterblieben ist, so darf die Tonaufzeichnung nicht herausgegeben werden.
5. Die Herausgabe der Aufzeichnung erfolgt gegen Quittung.
6. Die Quittung beinhaltet auch die Erklärung des/der Beauftragenden, dass die visuelle Aufklärung vorgenommen wurde.
Muster für Quittung
Ich habe heute von der Technischen Abteilung
... Tonbandkassetten
mit Mitschnitten der Veranstaltung vom
erhalten.
Die Teilnehmer der Veranstaltung waren von dem Veranstalter über den Tonmitschnitt unterrichtet.
Datum, Unterschrift, Name und Einrichtung in Blockschrift
A) Muster für auditive Aufklärung
B) Muster für Videoaufzeichnung
C) Videokonferenz
D) Teleteaching
1.
2.
Aufbau des
Sicherheitskonzeptes
und der Darlegung der Erforderlichkeit und der
Verhältnismäßigkeit
Betreiber
Ort der elektronischen Beobachtung
Standort des Aufzeichnungsgerätes
Betreibungszeiträume
Art der Aufzeichnung
Darlegung der technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Datenschutz
1.
Vertraulichkeit
Nur Befugte haben Zugang zu dem per Video oder Tontechnik erlangten
Datenmaterial. Die Verantwortlichen sind im Voraus festzulegen. Die
Festlegung ist zu dokumentieren und bei dem/der Behördlichen
Datenschutzbeauftragten zu hinterlegen. Bei der Auswertung gelten
grundsätzlich das Vier-Augen-Prinzip und die Dokumentationspflicht über
die Auswertung (Zugangsregelungen zum Aufzeichnungsgerät sowie zum
aufgezeichneten Bild/Ton und die Zugangsschutzmechanismen, Benennung
der Verantwortlichen).
2.
Integrität
Die Daten müssen während der Verarbeitung unversehrt, vollständig und
aktuell bleiben.
3.
Verfügbarkeit
Geeignete Maßnahmen zum Schutz der Daten gegen Verlust oder
Zerstörung, z. B. Datensicherung und Notfallvorsorge, Protokollierung,
Arbeitsablaufsbeschreibungen, Dienstanweisungen (Aufbewahrungsart der
Daten sowie deren Ort).
4.
Authentifizierung
Die Daten müssen jederzeit ihrem Ursprung zugeordnet werden
können.
5.
Revisionsfähigkeit
(Automatisierte) Eingabekontrolle durch Protokollierung. Nur so können
die Umstände aufgeklärt werden, die (versehentlichen) Fehleingaben oder
Manipulationen zu Grunde liegen. Aber auch die rechtmäßige Nutzung ist
zu dokumentieren (s.a. 1.; Mitbestimmung des
Gesamtpersonalrats!)
6.
Transparenz
Protokollierung der für Datenschutz und Datensicherheit relevanten
Abläufe. Ebenfalls zur datenschutzgerechten Organisation gehören
Regelungen zum Umgang mit den technischen Sicherheitseinrichtungen, zur
Akten- und Datenträgervernichtung, zur Löschung und Sperrung von Daten,
zur Gewährleistung der Betroffenenrechte (z. B. Auskünfte,
Benachrichtigungen).
Informationsrecht des/der Behördlichen Datenschutzbeauftragten, Informationsrecht des Landesdatenschutzbeauftragten, Auskunftspflicht gegenüber Interessierten ("Jedermann").
7. Prüfung
der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit
Der Einsatz von Videoanlagen muss geeignet, notwendig und
verhältnismäßig im engeren Sinne sein. Geeignet ist die Maßnahme, wenn
sie den erstrebten Erfolg überhaupt zu erreichen vermag; geeignet ist
das Mittel, wenn es kein anderes, den Betroffenen und die Allgemeinheit
weniger beeinträchtigendes Mittel gibt. Außerdem darf das Mittel nicht
außer Verhältnis zum erstrebten Erfolg sein.