Humboldt-Universität zu Berlin - Gesamtpersonalrat

INFO-Blatt Nr. 15-2008

GESAMTPERSONALRAT

der Humboldt-Universität zu Berlin

 

INFO

15

8. April 2008

 

Inhalt:

Ø      Familienfreundliche Humboldt-Universität – jetzt !

 

 

Familienfreundliche Humboldt-Universitätjetzt !

 

Im Dezember 2007 hat der Gesamtpersonalrat über die Arbeit der Mitte 2007 gebildeten AS-Kom-mission „Familiengerechte Hochschule“ berichtet (GPR-Info Nr. 14 vom 7.12.2007). Dort sollte aus der Sicht der Statusgruppen, der ArbeitnehmerInnenvertretung (GPR) und der Frauenbeauftragten ein Maßnahmenkatalog „Familiengerechte Hochschule“ erarbeitet werden.

Wir forderten Sie die hauptberuflichen und studentischen MitarbeiterInnen auf, Vorschläge für Maßnahmen auf dem Weg zur familiengerechten Hochschule zu machen und uns zu übermitteln.

Wir versprachen über die Ergebnisse unserer Umfrage und unsere eigenen Vorstellungen zu informieren und diese in die Kommission des AS einzubringen.

 

Wir haben die Ideen gebündelt, in die AS-Kommission eingebracht und wollen nun an dieser Stelle darüber informieren.

 

Für die weitere Arbeit der Kommission „Familiengerechte Hochschule“ ist zunächst die Berichterstattung vor dem Akademischen Senat am 22. April 2008 (Berichte der Statusgruppen und Maßnahmenkatalog) als nächstes Etappenziel festgelegt.

 

Die im Folgenden aufgeführten

Vorschläge des Gesamtpersonalrats zum Maßnahmenkatalog für eine familienfreundliche Humboldt-Universität

unterscheiden sich von der dem AS vorgelegten Berichterstattung der Kommission im Umfang und in der Umsetzungsstrategie für die Beschäftigten.

 

Wir unterstützen nachdrücklich das Entwicklungsziel einer „Familienfreundliche Humboldt-Universität“ für alle HU-Angehörigen als Aufgabe der gesamten Universität. Als Strategie schlagen wir vor, die Einzelaktivitäten systematisch zu vernetzen und alle Beschäftigten einzubeziehen. Eine zentrale Forderung ist die Einrichtung eines Familienbüros.

 

Besonderes Augenmerk bedürfen die jungen MitarbeiterInnen, die Studierenden und Promovierenden mit Kindern also diejenigen jungen Familien, die noch kein oder nur ein sehr geringes regelmäßiges Einkommen haben. Alle mit dieser Zielgruppe befassten Einrichtungen der Universität in Lehre und Forschung sowie Verwaltung (Beratung, Bafög-Amt, Gremien usw.) müssen sie in allen Belangen ihrer rechtmäßigen Ansprüche sowie darüber hinaus unterstützen.

 

Wir wollen, dass das Ergebnis des Diskussionsprozesses die familienfreundliche Humboldt-Universität ist, welche aktive Unterstützung anbietet und in dieser Beziehung an alle Studierenden und Beschäftigten denkt nicht nur an Eltern mit Kindern, sondern auch an Großeltern und pflegebedürftige Familienangehörige.

 

Die Aktivitätsfelder – neue Ideen und Verknüpfung von Maßnahmen:

 

1. Arbeitszeit

Die Finanzierung der Verlängerung von befristeten Arbeitsverträgen um die gesetzlich zustehende Elternzeit muss in JEDEM Fall – sowohl bei Haushaltsfinanzierung als auch bei Drittmittelbeschäftigung – durch die Universität gewährleistet sein.

 

Die Universität muss sich bewusst werden, dass durch die Nichtbeachtung von sozialen Komponenten nicht nur hochqualifizierte MitarbeiterInnen verloren gehen können, sondern auch Forschungs- und Lehrinhalte nicht so bearbeitet werden können, wie unter planbaren guten Arbeitsbedingungen. Auch WissenschaftlerInnen, die zur Promotion eingestellt sind und zum großen Teil unfreiwillig teilzeitbeschäftigt sind, müssen diese Möglichkeit haben.

 

Förderung von Teilzeitbeschäftigung

Ein größeres Teilzeitangebot ermöglicht Männern und Frauen ihren Wunsch nach größerer zeitlicher Flexibilität realisieren zu können. Somit können auch Väter berufliche und familiäre Anforderungen besser vereinbaren. Damit schafft die Ausweitung von Teilzeitarbeit größere Teilhabegerechtigkeit und verbessert die Situation von Familien mit Kindern. Dies führt zu einer größeren Motivation der Beschäftigten im Arbeitsleben.

 

Da die konkrete Umsetzung von Teilzeitmodellen letztlich in den einzelnen Arbeitseinheiten stattfindet, wird es für die Regelungen in der künftigen Arbeitszeitvereinbarung entscheidend darauf ankommen, dass die Vorgaben so viel Flexibilität wie möglich in Richtung Vereinbarkeit von Beruf und Familie eröffnen. Vertretungsregelungen, die aus familiären Gründen befristet getroffen werden müssen, werden unkompliziert und ohne Zeitlücke auf den Weg gebracht. Beschäftigten, die freiwillig ihre Arbeitszeit reduzieren, muss es möglich sein, später auf ihre ursprüngliche Arbeitszeit zurückzugehen.

 

Jobsharing

Nach dem US-Modell teilen sich Job-SharerInnen einen Arbeitsvertrag uneingeschränkt.

Dies hat zur Folge, dass die Besetzung des Arbeitsplatzes garantiert und das Aufgabengebiet eigenverantwortlich wahrgenommen wird. Eine verpflichtende gegenseitige Vertretung ist jedoch nach deutschem Arbeitsrecht nicht zulässig, daher ist es wichtig, dass Job-Sharing klar geregelt wird. Die Job-SharerInnen müssen genau wissen, was bei Fehlzeiten, Urlaub, Kündigung, Krankheit oder Beförderung (des Partners/der Partnerin) gilt, ob und wie sie sich gegenseitig vertreten müssen bzw. können.

 

Weiterförderung von Altersteilzeitarbeit

Förderung des gleitenden Übergangs von ArbeitnehmerInnen in den Ruhestand durch Zuschüsse zur Aufstockung des Arbeitsentgelts sowie der Beiträge zur Rentenversicherung. Damit soll erreicht werden, dass ArbeitnehmerInnen in Altersteilzeit 83 % des vorherigen Vollzeitnettoentgelts erhalten sowie Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von 90 % der der Vollzeitbeiträge erreichen.

 

Unbezahlte Familienpause mit Wiedereinstellungszusage (maximal vier Jahre im Anschluss an die gesetzliche Elternzeit)

Die Bedingungen, wann und in welcher Weise diese Freistellungen in Anspruch genommen werden können, ob sie zusammenhängend oder auch verteilt genommen werden können, ob sie von Alter oder Anzahl der Kinder abhängen, sind zu regeln. Ebenso sind die Bedingungen des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes zu berücksichtigen.

 

Die Universität kann durch Vereinbarungen zur Bindung qualifizierten Personals beitragen. Einhergehend mit längeren Freistellungszeiten ist es notwendig und sinnvoll, nicht nur die Regelungen hinsichtlich des Arbeitsverhältnisses festzuschreiben, sondern auch den Wiedereinstieg vertraglich zu regeln. Dazu zählt nicht nur eine Arbeitsplatzgarantie bei Rückkehr, sondern auch Maßnahmen zu Requalifizierung, Teilnahme an Fortbildungen, die Regelung von Einarbeitungszeiten und Ähnliches.

 

Zusätzliche Möglichkeiten unbezahlter Beurlaubung (maximal zwei Jahre)

Diese Regelungen beziehen sich auf meist unbezahlte Freistellungen der MitarbeiterInnen zur Wahrnehmung besonderer familiärer Aufgaben. Der Umfang solcher Freistellungszeiten variiert mit der Art der familiären Aufgaben.

 

Kurzzeitfreistellungen

Es gibt dafür verschiedene Möglichkeiten, die die Ansprüche auf eine Freistellung festschreiben – z.B. durch Nacharbeiten bzw. durch die Regelung über Arbeitszeitkonten. Es sollte folgende Regelung in die Dienstvereinbarung über die gleitende Arbeitszeit aufgenommen werden:

 

„Anträge auf Abweichungen von geltenden Regelungen zum Arbeitszeitausgleich bei gleitender Arbeitszeit aus familiären Gründen (Betreuung von Kindern unter 18 Jahren oder Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen) werden vom Arbeitgeber wohlwollend geprüft. Sollten diese aus Gründen der Nichtvereinbarkeit mit dienstlichen Belangen seitens des Dienstvorgesetzten abgelehnt werden, kann der Antragsteller oder die Antragstellerin sich an die Dienststelle wenden, die unter Einbeziehung aller Beteiligten und des zuständigen Personalrats versuchen wird, eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.“

 

Sabbaticals

Die Einflussnahme durch den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin auf die Planung der arbeitsfreien Phasen ist dann in höherem Maße gegeben, wenn über die Führung eines Jahresarbeitszeitkontos die Inanspruchnahme von Sabbaticals für Familienarbeit vertraglich geregelt ist. Ein Sabbatical ist ein geplanter Langzeiturlaub, der als längerer Freizeitblock über den gesetzlichen Jahresurlaub hinaus geht. Dabei sind im Wesentlichen zwei Formen zu unterscheiden: Zum einen kann ein Sabbatical durch das längere Sammeln von Plusstunden im Rahmen eines Zeitkontos eingerichtet werden. Zum anderen besteht aber auch die vertraglich geregelte Möglichkeit, ein Sabbatical mittels der Reduzierung des Gehalts bei fortlaufender Zahlung einzufügen. Ein Sabbatical muss längerfristig angemeldet sein, um Vertretungslösungen vorbereiten zu können.

 

2. Arbeitsort / Tele- und Heimarbeit

In der Praxis werden zwei mögliche Varianten von Telearbeit an der HU unterschieden:

-          Tele(heim)arbeit, bei der die Arbeitsleistung fast ausschließlich zu Hause erbracht wird

-          alternierende Telearbeit, bei welcher der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin in einem festgelegten zeitlichen Rahmen wechselweise zu Hause bzw. außerhalb des Unternehmens sowie an einem betrieblichen Arbeitsplatz tätig ist.

So sollte es z.B. möglich sein, dass es Müttern und Vätern generell gestattet wird, einen Teil ihrer Arbeit (z.B. wöchentlich fünf bis zehn Stunden) zu Hause zu erledigen. Anwesenheitspflicht besteht innerhalb der individuellen Kernarbeitszeit bzw. bei Kundenverkehr zu den Öffnungszeiten. Dazu kann eine Vereinbarung mit der Verwaltungsleitung abgeschlossen werden, die es gestattet, wöchentlich eine bestimmte Stundenzahl zu Hause zu arbeiten. Die Kontrolle über die Einhaltung der Arbeitszeit bzw. über die geleistete Arbeit erfolgt – ähnlich wie auch sonst in den Büros – über Zeiterfassungsbögen bzw. basiert auf gegenseitigem Vertrauen.

 

Grundlage sollte eine zwischen Gesamtpersonalrat und Dienststelle abzuschließende Dienstvereinbarung zu Telearbeitsplätzen sein.

 

3. Arbeitsinhalte und -abläufe

In den Fakultäten und bei den studentischen Beschäftigten müssen Mitarbeiterbefragungen durchgeführt werden, um eine universitätsweite Evaluierung zu erhalten. Es ist zu vermuten, dass Maßnahmen zur Stressreduzierung unter dem Aspekt der Familienfreundlichkeit eine große Rolle spielen werden. Ein Beispiel ist die durchgängige Einführung familiengerechter Gremientermine. Auf die Verbesserung des Arbeitsklimas muss größerer Wert gelegt werden.

Des Weiteren werden folgende Maßnahmen vorgeschlagen:

-          Coaching-Angebote zu Beruf und Arbeitswelt

-          Mentoring-Programm für den wissenschaftlichen Nachwuchs

-          Zusätzliche Weiterbildungsgutscheine für die Weiterbildung zu familienspezifischen Themen, die er oder sie nach den individuellen Bedürfnissen nutzen kann

-          Weiterbildungsangebote zu den Themen „Zeitmanagement in Beruf und Familie“ und „Stress-Konflikt-Entspannung“

-          Kindergerechte Bevorzugung von ProfessorInnen und wissenschaftlichen MitarbeiterInnen mit Kindern bei der Raumvergabe für Lehrveranstaltungen

-          Ebenso: Kindergerechte Bevorzugung bei der Vergabe von Laborzeiten o. ä.

-          Möglichkeit der zeitweiligen Reduktion des Lehrdeputats und der Verschiebung von Deputatsanteilen für WissenschaftlerInnen mit Kleinkindern oder pflegebedürftigen Personen (bei Neugeborenen im Anschluss an den Mutterschutz)

Elternschaft sollte generell als Bonus, nicht als Malus betrachtet werden (soziale Kompetenz) !

4. Studium

-          Stiftungsprogramm für Studierende und Promovierende mit Kind in der Abschlussphase

-          Umsetzung des Nachteilsausgleiches für Studierende mit Kindern oder anderen Betreuungsverpflichtungen (z.B. verlängerte Bearbeitungszeiten für Abschlussarbeiten bei Studierenden mit Kind, spezifische Prüfungsorganisation)

 

5. Führungskompetenz

Leitbild, Anreizsystem, Sensibilisierung (z.B. Führungskräftetraining), ProFiL-Programm, Einbeziehung der Ergebnisse der MitarbeiterInnenbefragung „Humboldt führt“.

In Führungskräfteseminaren, die verpflichtend für jede Leitungsfunktion sind, muss ein Abschnitt zu familienfreundlichen Maßnahmen und deren Implementierung in der Universität enthalten sein.

 

6. Information und Kommunikation

-          Einrichten eines Familienbüros zur Koordinierung sowie zur Vernetzung und als erste Anlaufstelle für Studierende und Beschäftigte inklusive Festlegung der Verantwortlichkeit für die Kommunikation und Pressearbeit

-          Bündelung der Informationsangebote für Zielgruppen, z.B. Broschüre für Beschäftigte und Studierende, Portale der Webseiten (Intensivierung der Kommunikation zum Themenfeld Beruf und Familie, insbesondere dessen weitergehende Integration in die Führungsphilosophie)

-          Kommunikation des Ziels „Familienfreundliche Humboldt-Universität“ durch alle Ebenen der HU

 

7. Personalentwicklung

-          Wiedereinstiegs- und Kontakthaltemaßnahmen, z.B. PatInnensystem

-          Arbeitsbedingungen / Unterstützung für den wissenschaftlichen Nachwuchs

-          Berufliche Weiterbildung

-          Sozialberatung für alle Beschäftigten bei einer kompetenten Person möglich (intern und extern)

- 
Unterstützung von Doppelkarrieren /Doppelkarrierepaaren mit Kind/ern

 

8. Infrastruktur und Kinderbetreuung

-          Unterstützung bei der Reservierung von Kinderbetreuungsplätzen

-          Erprobung von Kindernotfallbetreuung, Kinderhortbetreuung bis zum 12. Lebensjahr sowie in den Ferien

-          Eltern-Kind-Arbeitszimmer

-          Gutscheine für Kinderbetreuung bei Geburt eines Kindes von studentischen und hauptberuflichen Beschäftigten (vertragliche Absicherung bei HU-Kinderladen oder einer bestimmten Kita / Agentur)

-          Kontaktaufnahme mit dem Studentenwerk und Prüfung der Zusammenarbeit bei der flexiblen Kinderbetreuung

-          Schaffung von Still- und Wickelräumen in allen Einrichtungen

-          Aufenthaltsbereiche für Kinder an zentralen Orten (z.B. Spielecken in Mensen und Cafés)

-          Mensen sollen täglich eine Kindermahlzeit anbieten bzw. halbe Portionen zum halben Preis

-          Einrichtung von Kinderspielplätzen nahe den zentralen HU-Gebäuden, auch in Adlershof

-          Paten des Familienbüros betreuen Kleinkinder kostenlos und zeitlich flexibel

-          Mütter mit Kindern werden bei der Suche nach und Vorbereitung von Auslandsaufenthalten beraten und organisatorisch unterstützt

-          Unterstützung des FiNCA-Projekts (Frauen in den Naturwissenschaften Campus Adlershof)

 

Fazit

 

Eine familienfreundliche Humboldt-Universität muss von allen Universitätsangehörigen realisiert werden. Die Arbeit der Kommission des Akademischen Senats sollte unbedingt fortgesetzt, ein universitätsöffentlicher Workshop durchgeführt und die Umsetzung mindestens der o. g. Maßnahmen sehr zügig vorangetrieben werden.

 

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