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Vertrauensschutz

Grundsätzlich betrifft die derzeitige Diskussion um den Vertrauensschutz vor allem die Studiengängen mit den alten Abschlüssen Magister und Diplom. Jedoch werden die dort gemachten Erfahrungen von der Hochschule derzeit ebenso für BA- und MA-Studiengänge angewendet, die die HU schließt. Aktuelle Beispiele sind die Masterstudiengänge Latinistik, Gräzistik und Slawische Sprachen, welcher aller Voraussicht auf der Sitzung des Akademischen Senates im August 2014 geschlossen werden. Und es stehen noch mehr Schließungen an. Durch allerlei Prestigeprojekte der HU, wie der Fakultätsreform, deren finanzielle Folgen sich erst in den kommenden Semestern absehen lassen werden, klafft mittlerweile ein großes Loch im Haushalt. Um dieses zu stopfen wird es wohl auch zu Schließungen von Studiengängen kommen. Ob diese Studierenden dann schnell exmatrikuliert werden können oder doch noch in der von ihnen benötigten Zeit das Studium abschließen können, hängt stark von den Erfahrungen ab, die derzeit bei Magister- und Diplom gemacht werden.

Doch was ist überhaupt der Vertrauensschutz? Dieser Schutz regelt, wie lange ein_e Studierende_r darauf vertrauen kann, sein Studium zu den Bedingungen abzuschließen zu denen er_sie es begonnen hat und geht auch über die → Regelstudienzeit hinaus. Das ist auch gut so, denn kaum ein_e Studierende_r schafft das Studium in der formal vorgesehenen Zeit. Die Frage, wie lange der Vertrauensschutz über die Regelstudienzeit hinausgeht ist jedoch umstritten, denn die Länge ist gesetzlich nicht geregelt.

Die HU ging in der Vergangenheit grundsätzlich von einem zweisemestrigen Vertrauensschutz aus. Woher dieser Zeitraum kommt, kann oder will jedoch niemand so richtig beantworten und scheint damit willkürlich festgesetzt. Für viele sind selbst diese zwei Semester viel zu kurz. Grund sind die vielfältigen Verzögerungsgründe, die einen Abschluss in der Regelstudienzeit schwer möglich machen. Als inneruniversitärer Grund gilt dabei z.B. die zeitliche Überschneidung von verpflichtenden Lehrveranstaltungen. Es ist für die Hochschule teilweise schon schwer, ein einziges Fach überschneidungsfrei zu halten. Wenn aber bedacht wird, dass durch die (zum Glück) vielseitig wählbaren Kern-, Haupt-, Zweit-, Neben- und Beifächer unzählige Fächerkombinationen möglich sind, ist es für die Hochschule faktisch unmöglich in jedem Fach dafür zu sorgen, dass es mit allen anderen Fächern störungsfrei kombiniert werden kann. Folglich kommt es überall zu Überschneidungen, die für eine längere Studiendauer ursächlich sind. Ein viel zu hoch angesetzter Workload tut sein Übriges zur realen Studiendauer. Es gibt aber auch außeruniversitäre Gründe, die für eine längere Studienzeit verantwortlich sind. Wer sich erst das Geld für sein Studium verdienen muss, kann nur eingeschränkt studieren. Und Lohnarbeit gehört für zwei Drittel der Studierenden zur Lebensrealität, wie die unterschiedlichen Sozialerhebungen des Studentenwerks (sic!) ( _www.sozialerhebung.de ) in den letzten Jahren immer wieder gezeigt haben. Wenn man den Vertrauensschutz also sehr kurz ansetzt, gefährdet man vor allem den Studienabschluss all der_diejenigen, die nebenher arbeiten und/oder Kinder erziehen müssen, als auch jene_r, die aufgrund einer chronischen Erkrankung und/oder einer Behinderung nur eingeschränkt studieren können. Folglich trifft die Festsetzung eines kurzen Vertrauensschutzes all diejenigen, die sowieso schon mit Doppel-, Dreifach- und Mehrbelastungen zu kämpfen haben und ist damit sozialselektiv.

Die Exekution des Vertrauensschutzes an der HU sieht derzeit wie folgt aus. Mit der Verabschiedung des Berliner Hochschulgesetzes durch den damaligen Rot/Roten Senat im Jahr 2011, wurde der §126 V eingeführt. Er erlaubt den Hochschulen einen letzten Prüfungstermin für die Magister und Diplomstudiengänge anzusetzen. Die Hochschulen verstanden die Regelung als Startschuss, endlich mit dem  „alten Eisen“ aufzuräumen. Dabei enthält der § 126 V BerlHG gar keine Pflicht für die Hochschulen die alten Studiengänge zu beenden. Vom rechtlichen Standpunkt könnten sie derzeit problemlos weiterlaufen. Auch der finanzielle Aspekt spielt keine Rolle, denn durch die aktuellen Hochschulverträge entstehen keine finanziellen Nachteile für die Hochschulen. Und für Lehrveranstaltungen, welche die Altstudierenden noch benötigen, haben die Hochschulen bereits bei der Immatrikulation den vollen Betrag vom Land Berlin bekommen. Es gibt also kein Argument, warum die alten Studiengänge nicht fortbestehen könnten, bis jede_r Studierend_r , der_die noch einen Abschluss anstrebt, auch abschließen kann.

Nichtsdestotrotz entschied sich die HU für eine kurze Frist von teilweise drei, in der Regel vier Semester, bis die letzten Prüfungen abgelegt werden konnten. Von diesen vier Semestern verschenkten die Fächer auch noch ein Semester, weil die Studierenden zu großen Teilen lange nach Beginn des Wintersemesters über das kurzfristige Ende ihrer Studiengänge informiert wurden. Dadurch konnten betroffene Studierende ihren Semesterplan mit ihren anderen Verpflichtungen (Lohnarbeit, Kindererziehung chronische Krankheit etc.) optimieren, sofern so etwas überhaupt möglich ist. Folglich war ein Semester von den vier angesetzten verloren. Die letzten beiden Semester sind in Magister- und Diplomstudiengängen in der Regel dem Abschluss vorbehalten. Sechs Monate, also ein Semester sind die Regelbearbeitungszeit für die Abschlussarbeiten. Ein weiteres Semester wird in der Regel benötigt, um  die mündlichen und schriftlichen Abschlussprüfungen mit den Professor_innen zu koordinieren und sich darauf vorzubereiten. Deshalb stand den Studierenden faktisch lediglich ein Semester zur Verfügung, in der sie die ausstehenden Lehrveranstaltungen absolvieren konnten. Schon wenn keine sonstigen Verpflichtungen vorhanden sind, wäre dieses Unterfangen unmöglich. Begrenzter Zugang zu Lehrveranstaltungen, zu volle Seminare und Vorlesungen tun ihr Übriges.

Erst im Februar 2014, also zwei Monate vor dem letzten Prüfungstermin informierte die HU auf Initiative der studentischen Vertreter_innen im Akademischen Senat, die Studierenden, dass ein Härtefallantrag möglich sei, der den letzten Prüfungstermin hinausschiebt. Wer solch einen Antrag stellte, sah sich stellenweise jedoch mit einer Ablehnungsquote von 85% konfrontiert. Grund hierfür war, dass sich die HU, anders als die FU und TU nicht auf ein hochschulweites Verfahren geeinigt hatte, sondern dass jedes Fach alleine entschied, welcher Härtefallgrund nun anerkannt wurde, und welcher nicht. Folglich gab es in einigen Fächern Verlängerungen um vier Semester, in anderen nicht mal einen Monat für ähnliche Verlängerungsgründe. Folglich muss derzeit des Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob Magister und Diplom zu Ende studiert werden können oder nicht.

An der TU wurde nun nach einer Evaluation und mehreren Rechtsgutachten die Grenze von 2014 auf 2018 erhöht. Dies ist auch die Grenze, mit welcher die Anwälte des Referent_innenRates mindestens rechnen, um alle abschlusswilligen Studierenden auch zum Abschluss zu führen. Geld kann kein Argument sein, da Altstudierende kaum Kosten verursachen.

Wichtig: Wir empfehlen nichts zu unterschreiben, was die Hochschule einem_einer vorlegt. Wer an der HU von dieser Regelung betroffen ist sollte dringend Kontakt mit dem Referat für Lehre und Studium des Referent_innenRates aufnehmen.