Humboldt-Universität zu Berlin - Personalrat der studentischen Beschäftigten

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Ausführliche Stellungnahme zu studentischer Beschäftigung im nicht-wissenschaftlichen Bereich

 

Der Personalrat der studentischen Beschäftigten (PRstudB) wurde in letzter Zeit vermehrt auf studentische Beschäftigung im nicht-wissenschaftlichen Bereich angesprochen. Wir wurden gefragt, wie wir mit diesen Stellen umgehen und warum sie abzulehnen sind.

 

Erläuterung

Da es bei diesem Thema viele Missverständnisse gegeben hat, möchten wir unsere rechtlichen Grundlage, unser Vorgehen und unsere Beweggründe erläutern:

 

Die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) beschäftigt seit einiger Zeit Studierende im nicht-wissenschaftlichen Bereich, das  heißt in der zentralen Universitätsverwaltung, den Fakultätsverwaltungen, im EDV- & Technik-Support an Instituten, im Servicezentrum Forschung (Drittmittelverwaltung), dem CMS, etc.

 

Grundsätzlich begrüßen wir es, dass Studierenden die Möglichkeit gegeben wird, ihr Studium zu finanzieren, Erfahrungen zu sammeln und an möglichst vielen Prozessen und an verschiedensten Räumen am universitären Alltag zu partizipieren. Studierende erfüllen mittlerweile in sämtlichen Bereichen der Universität essentielle Tätigkeiten und sichern so deren Betrieb.

Der Personalrat der studentischen Beschäftigten lehnt die Tätigkeiten in diesen Stellen nicht generell ab. Unsere Ablehnung richtet sich gegen ihre Ausgestaltung, da diese nicht geltenden Regelungen entspricht.

 

Ablehnung der Ausgestaltung der Stellen

Generell werden mit Studierenden Arbeitsverträge nach Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) und dem Tarifvertrag für studentische Beschäftigte (TV Stud II) geschlossen. Befristet werden solche Verträge nach dem Wissenschafts-Zeit-Vertrags-Gesetz (WissZeitVG).

 

Das Berliner Hochschulgesetz (BerlHG)

schreibt vor, dass studentische Hilfskräfte

  • für wissenschaftliches Personal (Vorgesetzte) arbeiten, dieses
  • in ihren Tätigkeiten in Forschung und Lehre (direkter Wissenschaftsbezug) unterstützen und
  • nur zuarbeiten („Hilfstätigkeiten“).

 

Die ersten beiden Kriterien, manchmal auch das dritte, werden von den angesprochenen Stellen nicht erfüllt. Demnach sind die Stellen keine Tätigkeiten im wissenschaftlichen Bereich oder keine Hilfstätigkeiten. Trotzdem behandelt die Humboldt-Universität zu Berlin diese nicht-wissenschaftlichen Stellen als wissenschaftliche Stellen für Studierende.
Daraus entstehen Vorteile für die Arbeitgeberin. Für studentische Beschäftigten sind die Auswirkungen aber überwiegend negativ

 

Nachteile für (studentische) Beschäftigte

Beschäftigung außerhalb des geltenden Tarifvertrags

1.) Für die Tätigkeiten im nicht-wissenschaftlichen Bereich gibt es einen eigenen Tarifvertrag, den TV-L-HU (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder [Berlin] [in eigener Fassung der HU]). Indem die Universität nicht-wissenschaftliche Tätigkeiten über den TV Stud II bezahlt, unterläuft sie also ihren eigenen Haustarifvertrag.

Gegenüber TV-L-Stellen werden TV Stud II–Stellen nicht nur weit schlechter entlohnt, sie haben auch keine Jahressonderzahlung, eine Woche weniger Urlaubsanspruch, keinen Zuschuss zum Krankengeld und viele andere Nachteile. Diese Praxis führt zudem dazu, dass Vollzeit-Verwaltungsstellen seltener besetzt werden müssen, da an deren Stellen flexible und kostengünstigere studentische Beschäftigte eingesetzt werden können. Diese Praxis geht somit auch auf Kosten des hauptamtlichen (nicht-wissenschaftlichen) Personals der Uni.

 

Weniger Übernahmen von Beschäftigten

2.) Für wissenschaftliche Tätigkeit existiert ein Sonderbefristungsrecht, das den Hochschulen erlaubt, bis zu sechs Jahre immer nur befristete Arbeitsverträge auszugeben. Erst nach Ablauf der sechs Jahre müssen diese Verträge entfristet werden.

Indem die Uni nicht-wissenschaftliche Aufgaben über das WissZeitVG befristet, muss sie weniger Beschäftigte übernehmen und kann flexibler mit ihrem Personal umgehen. Die Kehrseite dessen ist aber andauernde Befristung und größere finanzielle Unsicherheit auf Seiten der studentischen Beschäftigten. Gerade für Studierende, die sich ihr Studium selbst finanzieren müssen und/ oder Kinder haben ist Jobsicherheit jedoch besonders wichtig.

 

Aufgabe der Personalvertretung

Einhaltung von rechtlichen und gesetzlichen Bestimmungen

Als Personalvertretung ist es unsere Aufgabe, unsere Arbeitgeberin darauf hinzuweisen, wenn sie arbeitsrechtliche Bestimmungen und Gesetze verletzt. Dabei arbeiten wir auf die Lösung derartiger Missstände hin.

 

Widerspruch durch die Personalvertretung

Wir legen daher seit Oktober 2016, und nach sorgfältiger Einzelfallprüfung, Widerspruch gegen Stellen und Ausschreibungen ein, die im nicht-wissenschaftlichen Bereich der HU angesiedelt sind, die jedoch über BerlHG und TV Stud II ausgeschrieben werden.

 

Stellungnahme durch die Personalvertretung

Bei jedem solchen Fall verfassen wir eine Stellungnahme, in der wir die Universität auf unsere Sichtweise und die Rechtsprechung hinweisen und Alternativen vorschlagen (so könnte die Uni zum Beispiel problemlos Arbeitsverhältnisse mit Studierenden über TV-L-HU schließen; auch in geringem Stundenumfang).

 

Hinwegsetzung durch die Arbeitgeberin

Über unsere Einwände kann sich die Universität hinwegsetzen und macht regelmäßig von dieser Möglichkeit Gebrauch. Trotzdem sind unsere Einwände wichtig, im Fall, dass Beschäftigte selbst Einspruch gegen ihre Eingruppierung erheben.

 

Ziel: Beschäftigungssicherheit

Unser Vorgehen zielt nicht auf bereits existierende Arbeitsverhältnisse, sondern lediglich auf neue Ausschreibungen und Einstellungen. Wir wissen, dass das Problem systemisch ist und eine Lösung zu suchen ein langwieriger Prozess. Im Sinne der Beschäftigungssicherheit haben wir daher beschlossen, bei bereits existierenden Stellen keine Einwände zu erheben um Weiterbeschäftigungen, und so weiter nicht zu verzögern.

 

Ziel: Lösungsfindung und bessere Beschäftigungsverhältnisse

Mit unserem Vorgehen wollen wir vor allem das Problem aufzeigen und die Universität dazu bewegen nach möglichen Lösungen zu suchen. Letzendlich geht es um die Verbesserung von Beschäftigungsverhältnissen für Studierende.